Lehrkräfte können Schüler*innen unabsichtlich dadurch beschämen, dass sie am ersten Schultag nach den Ferien fragen, was sie in den Ferien gemacht haben.

Es gibt viele Kinder die wenig in den Ferien erlebt haben, weil z.B. die Eltern wenig finanzielle Mittel haben, oder Eltern aus verschiedensten Gründen kaum Zeit mit den Kindern in deren Ferien verbringen können.

In Kindern kann aufgrund dieser Frage folgendes (unbewusst) ausgelöst werden:

Mögliche Gedanken:

  • Die anderen machen tolle Sachen, ich nicht.
  • Meine Eltern haben kein Geld
  • und/oder keine (/ nie) Zeit, immer ist meine Mutter/Vater krank. 
  • Ich bin nicht wichtig.
  • Ich glaube die anderen finden mich langweilig.
  • Ich kann nichts Tolles erzählen, die anderen schon.
  • Ich bin nicht so viel wert wie die anderen.
  • Wir sind ärmer als die Anderen, wir haben nicht genug Geld.
  • Immer müssen meine Eltern arbeiten,
  • nie haben sie Zeit für mich. Uvm.

Gefühle die entstehen können:

  • Unbehaglichkeit,
  • Ängstlichkeit in Bezug was die anderen sagen und denken,
  • ärgerlich oder wütend auf die Eltern, weil sie es nicht können oder wollen,  
  • ärgerlich oder wütend auf die Lehrkraft die diesen „Punkt“ in den Mittelpunkt des Momentes stellt,
  • angespannt/nervös/geladen/gereizt sein bezüglich des Momentes des mitteilens,
  • sich einsam /abgeschnitten/verloren fühlen, enttäuscht/verbittert frustriert fühlen, hilflos/ohnmächtig fühlen,
  • traurig/bedrückt/deprimiert/unglücklich/verzweifelt (wenn es schon lange so ist).
  • Neid auf die Anderen,
  • Scham vor sich selbst und den Anwesenden.

 Bedürfnisse die berührt und erfüllt oder unerfüllt sein können:

  • Nicht angenommen fühlen,
  • nicht gesehen werden oder zuviel gesehen werden im negativen Sinn,
  • fehlende Zugehörigkeit,
  • mangelnde Akzeptanz,
  • fehlende Wahlmöglichkeit und fehlende Selbstwirksamkeit das zu ändern.
  • Fehlendes Entdecken von neuen Erfahrungen an anderen Orten,
  • fehlende neue „Lernräume“,
  • fehlende Leichtigkeit und Spass.
  • fehlende Gerechtigkeit.

Mögliche Strategien um die unangenehmen Gefühle, Gedanken und unerfüllten Bedürfnisse wahrnehmen zu müssen:

  • Am ersten Schultag krank sein
  • Etwas (dazu)erfinden/lügen
  • aus dem Klassenzimmer gehen
  • Strategien zur Erhöhung über die anderen in anderen Momenten, um den gefühlten Makel nicht zu gross in der eigenen Bedeutung werden lassen,
  • den Unterricht oder diese Erzählrunde stören, sehr leise sprechen vielleicht sogar mit geröteten Wangen erzählen und am liebsten in den Erdboden versinken.
  • sich verschließen, nicht nur in diesem Moment, und auf Dauer leiser/oder lauter werden.
  • selten schaffen es Kinder das alles für sich wahrzunehmen und ganz oder in Teilen der Lehrerin und der Klasse sagen, was diese Frage in ihm auslöst.
  • Oder können aussprechen wie blöd diese Frage ist.

Impulse was Du als Lehrkraft stattdessen fragen oder tun könntest:

  • Fragen, was war der schönste oder die 3 schönsten Momente in deinen Ferien? Vielleicht als eine erwachsene Person mehr Zeit als sonst hatte, oder ein Spiel gespielt wurde, dass Freunde Zeit hatten, etc.
  • Worüber hast du dich in den Ferien gefreut? Das kann ausschlafen sein. Oder ein Urlaub.
  • Gab es Etwas was ihr hier im Kreis oder später mir alleine erzählen wolltet, das euch belastet hat in den Ferien?
  • Die Antworten könnten, statt als Erzählrunde als Brief oder Bild erfolgen.
  • Die Frage könnte auch (zusätzlich) lauten, was hättet ihr gerne in den Ferien erlebt? Alternativ nur einen Gesamteindruck der Kinder durch Daumen hoch, quer, oder nach unten abfragen, wenn es darum geht zu sehen wie sie hier wieder ankommen.
  • Wir alle können etwas dazu beitragen, dass sich Kinder in der Schule wohlfühlen. Manchmal reicht es aus, Fragen anders zu stellen oder sein zu lassen und „bessere“ fragen zu finden.

Und vielleicht ist es für Dich ein geeigneter Leitstern, zu hinterfragen ob die Fragen, die wir stellen der Bindung/Beziehung zuträglich sind und sich Kinder dabei sicher und wohl fühlen.

In diesem Sinne, hoffe ich dass dieser Impuls für Dich wertvoll wahr und vielleicht sogar dazu führt, dass Du dich diesen Aspekten auch mit deinem Kollegen widmen kannst. Für mehr gleichwürdige Gemeinschaft.