Deine eigene erste Zeit nach der Geburt (im Krankenhaus)

Im letzten Post ging es darum, dass die erste Zeit sehr unterschiedlich sein kann. Bestenfalls gesund und voller Freude, Neugier, Ruhe uvm., damit Mutter und Kind bzw. Vater, Geschwister sich kennenlernen können, sich finden können in dieser neuen Konstellation, die das Leben auf den Kopf stellt.

Heute geht es darum, was es möglicherweise mit Dir gemacht hat, als Du nicht mit nach Hause durftest. Du also im Krankenhaus bleiben musstet, allein ohne Mutter und Vater.

Wie immer lade ich Dich ein, in dich zu fühlen, ob es im nachfolgenden Text etwas gibt, das Dir Stress verursacht, oder ein ungutes Gefühl, und anderes.
Achte auf Dein Körper, Deine Gefühle und Gedanken. Und wie immer wenn es sehr unangenehm ist, höre auf weiterzulesen und nimm es als Zeichen, dass es da noch unverarbeitetes, schmerzvolles Erleben gibt, das heute noch in dir anklingt und auch eine Bedeutung sprich Auswirkung in Deinem Leben hat.

Manchmal ist es fühlbar, manchmal ist es ohne Gefühl (also möglicherweise dissoziiert) und in jedem Fall löst es gedanklich etwas in Dir aus. Bedenke immer, Dein Unbewusstes kann nichts erfinden, was es nicht kennt, es kennt Deine frühesten Erlebnisse von Anfang an.

Ich setze mal vorsichtshalber eine Triggerwarnung vorsichtshalber.

Der Startpunkt heute, ist das weggenommen worden sein, von Deiner Mutter. Deinem Universum, Deinem Geborgenheits- und Sicherheitsraum.

  • Wie fühlt sich das an?
  • Und falls Du Zwilling warst oder bist, wie fühlte es sich an von diesem auch getrennt zu sein?
  • Und falls Du medizinisch notwendige OPs hattest, was weisst Du darüber?
  • Wie geht es Dir heute mit Krankenhäusern?
  • Oder wenn Du das liest wie fühlt es sich an das zu lesen?

Wie das damals sich für Dich anfühlte, kannst Du heute erleben, wenn es um Bindung oder Beziehung geht, darum mit Jemanden nahe zu sein, dem anderen voll und ganz zu vertrauen, ohne Angst, dass er weggeht.
Wie geht es Dir mit verlassen werden?
Wie reagierst Du heute, wenn jemand weggeht?
Kennst Du das möglicherweise, dass es diese plötzlichen Beziehungsabbrüche gibt, privat oder beruflich?
Was Du „geliebt“ hast, war einfach weg. Du konntest es nicht verstehen. Es war ein grosser Schmerz. Stattdessen gab es eine sterile medizinische Versorgung. Es wurde vieles mit Dir gemacht. Die Notwendigkeit für das Überleben, war damals für Dich kein Grund für diese Verletzungen, die es hinterlassen haben kann. Es wurde über Dich bestimmt. Die Handlungen meist ohne emotionale Herzbeteiligung vollzogen.

Verschiedene Menschen, beschreiben diese Zeit in den Aufarbeitungsprozessen als absolute Fremdbestimmung und Kontaktverlust zu sich selbst. Als sehr angstvoll, weil nie klar war, was als nächstes kam, ob es weh tut, wie sehr und wie lange etc., sie fühlten sich als absolut schutzlos ausgeliefert. Das erlebte wird als übergriffig und als nichtfühlend, beschrieben. Und als Verlust der Geborgenheit, des Schutzes, der Orientierung uvm. Und der fehlende Halt der Mama. Immer die Suche nach dem Du.

Resultierend daraus möglicherweise, Misstrauen statt Vertrauen, Beziehungsprobleme um Schmerz zu Vermeiden, keine Nähe zulassend.
Für viele ein Schocktraumazustand. Und diese Starre hielt lange an, und kommt auch heute noch in solchen Momenten, wo es ähnlich ist, wie damals.
Neugeborene haben noch sehr wenig Möglichkeiten auf solche bedrohenden Situationen zu reagieren. Zuflucht fällt weg, Angriff und Flucht auch. Schreien und sich körperlich auszudrücken ist das Einzige was geht. Und, oder danach, das verstummen. Das Resignieren, Dissoziieren. Das in eine andere Welt gehen, ganz in sich zurückziehen. Anders sind diese Zeiten häufig nicht aushaltbar gewesen. Und auch hier kommt es natürlich auf die Gesamtsituation an.

War es Deiner Mutter möglich, zeitweise da zu sein, wurde dies anders erlebt, als wenn es keinen Kontakt zu den Müttern gab. Kabel, Schläuche, mit OP, ohne OP, mit Narkosen oder ohne, all das macht sehr grosse Unterschiede im Erleben.
Was ich häufig auch beobachten konnte, waren ausserdem Probleme bei der Kontaktaufnahme im späteren Leben, oder auch grosse Unsicherheit, in Bezug darauf, was richtig und falsch ist, Wenig oder kein Urvertrauen, uvm.

Wir Neugeborene waren getrennt und erlebten häufig langanhaltende Todesängste. Wir wussten nicht, was das alle bedeutet und dass es irgendwann ein Ende hat. Dass es lebensrettend war für den Körper. Dass auch die Mutter irgendwann wiederkommt ins Leben. Es war verwirrend und schmerzlich. Und wenn es traumatisch war, wirkte es auf die Hirnstruktur fragmentierend. Das Nervensystem konnte möglicherweise keinen breiten Korridor entwickeln im Schwingen zwischen Anspannung und Entspannung, Ruhe und Aktion. Und es hatte keine Coregulation, die so wichtig ist. Diese Aufgabe übernimmt die Mutter oder Bezugsperson, wenn wir in Angst sind. Dies geschieht über beruhigende Worte und Gesten und Körperkontakt. Aus den Überlebensmodi kommen wir am besten über Coregulation heraus. Als Erwachsener brauchen wir das auch, in Situationen in denen wir krank sind oder eine Kathastrophe in unserem Leben vorkommt. Wenn wir in einer Situation sind in denen wir keine Ressourcen und Bewältigungsstrategien haben. Wir brauchen liebevolle Erwachsene in den ersten Lebensjahren die mit uns schwingen, damit wir Selbstregulation erlernen. Nervale Selbstregulation, um aus dem hohen Stresslevel herauszukommen und uns zu beruhigen. Ansonsten können wir lange in dieser Übererregung „hängen bleiben“.

Wann immer wir in einen Ausnahmezustand kommen, ist die Berührung auf allen Ebenen, das was uns zurückholt, am schnellsten und zuverlässigsten. Egal welche Emotion, egal welche Situation. Die Berührung ist der Schlüssel. Wenn dies nicht oder nur teilweise in dieser ersten Zeit bis hin zu den ersten Lebensjahren stattfand hat das grosse Auswirkungen im Leben. Sowohl Körperlich als auch Psychisch.

Auf unsere Bedürfnisse nach gehalten werden, geherzt werden, umsorgt werden, Berührung und vieles mehr, blieben über einen gewissen Zeitraum unterversorgt oder unversorgt. Sprich im Mangel. Es fehlten auch die rythmischen Bewegung, die vertraute Stimme, der Herzschlag und vieles mehr was so vertraut war. Alles im neuen Universum war fremd und wenig freundlich, eher mechanisch. Bei vielen Menschen zeigt sich das dann in sehr angepasstem Verhalten, waren dann häufig als Baby sehr brave Kinder. Wenn Trauma unverarbeitet bleibt hat das viele Folgen. Prof. Ruppert spricht von der sog. Traumaidentität.

Und je länger Mutter und Kind getrennt bleiben, desto schwieriger oder manchmal sogar unmöglich wurde dadurch das Bonding. Manchmal konnte und kann lebenslang keine „gute“ Bindung mehr zur Mutter und/oder Vater aufgebaut werden. Und das fehlende Bonding und die daraus resultierte veränderte Bindungsmuster wirken sich später auf Beziehungen zu Freunden und vor allem zu Partnern aus. Und später häufig auch auf unsere Bindungsmuster zu unseren Kindern.

  • Wie fühlst Du Dich mit Deiner Mutter und Deinem Vater heute verbunden?
  • Wie gestaltete sich Dein verspätetes Ankommen in der Familie zuhause?
  • Lass Dir auch von Deinem Jahr danach erzählen.

Da diese frühen Trennungen mit all dem Schmerz lebenseinschneidend und lebensverändernd waren, ist es mir heute eine Herzensangelegenheit diese vergangenenTraumaerfahrungen und frühe Verletzungen, in heilsamen Biographieprozessen aufzuarbeiten.

Schau auch nocheinmal wie Du heute lebst.

  • Was ist Dein Normal?
  • Dieses Normal bildete sich meist aus den gesamten Erfahrungen. Und nun frag Dich, ob es das ist was Dur wirklich (er)leben möchtest?
  • Ist das Dein Traumzusammenleben?

Im nächsten Beitrag erfährst Du etwas über meine Geschichte und weshalb ich heute das tue was ich tue.

Wie immer ist es hilfreich und möglicherweise auch ein wenig heilsam, sich mit Deiner Mutter und Deinem Vater über diese Zeit auszutauschen. Zum einen um Infos zu bekommen, was und wie das damals biografisch war und auch um Ihre Seite kennen zu lernen. Ihre Geschichte kann anders sein als Deine. Denn Sie hat es anders erlebt als Du. Und dennoch hatte es auf beide Seiten Auswirkungen.

Entscheidend ist am Ende nicht was Du oder Deine Eltern denken, denn die Gedanken sind die eines Erwachsenen sondern, wie es sich für Dich heute anfühlt. Und wie es sich damals als Kind anfühlte.

Es geht nicht darum zu beschönigen oder zu beschuldigen oder ähnliches, sondern um Herzensheilung um Heilung einer Wunde die aus einer Geschichte entstand. Es geht darum, dass Du Dich und deine Biografie wertschätzend annehmen kannst und heil werden kannst um dann für die Zukunft neu wählen zu können.

Nimm Dein Leben in die Hände. Für Dich, für Deine Nachkommen, für unsere Gesellschaft, unsere Welt mit allen Lebewesen und die Erde. Damit wir uns in Liebe und Würde und Verbundenheit begegnen und nicht Verletzungen weitergeben an Andere und an unsere Nachkommen.

Alles was Du veränderst verändert auch die Gesellschaftlichen Normen und wie wir als Lebewesen leben.