Eigene Geburt – Teil 3
Die Nachgeburtsphase – die ersten Momente im neuen Lebensabschnitt
Ich lade Dich auch heute wieder ein, beim lesen des nachfolgenden Textes auf Dich und dein Körper, deine Gefühle und Deine Gedanken zu achten. Wenn Du merkst, dass es Dir beim Lesen schlechtergeht, kannst Du direkt beginnen zu klopfen, wenn Du diese Methode bereits kennst. Ansonsten brich einfach das Lesen ab und sorge für Dich und nimm es als Hinweis, dass hier noch etwas schmerzliches unverarbeitet ist und verarbeitet und integriert werden möchte.
Die ersten Momente in der neuen Welt konnten sehr unterschiedlich sein. Bestenfalls direkt in den Armem der Mutter. Haut an Haut. Noch verbunden mit der Plazenta. Die Plazenta noch im Mutterleib und Du schon auf der Haut Deiner Mutter. Langsames auspulsieren Deiner Nabelschnur, langsames erstes Mal die Lungen füllen mit Sauerstoff. Dieses erste Ankommen in einer neuen Welt. Die Umgebung ruhig, im Tageslicht, leise Stimmen. Freude im ganzen Raum. Du bist da, angekommen. Alle können Dich nun sehen. Du kannst Dich in Ruhe an das Neue, Unbekannte anpassen. Vertraut ist der Körper der Mutter, die Stimme der Mutter, der Geruch der Mutter. Einatmen – Ausatmen. Nach dem Auspulsieren der Nabelschnur das durchtrennen selbiger. Ankommen. Das ist das Thema der Nachgeburtsphase. Wenn alles gut ging, sind nun alle erschöpft, erleichtert, unverletzt und glücklich. Geschafft. Über die Grenzen gegangen und diese ausgeweitet ein Stück nach aussen verlagert. Über sich hinauswachsen, Beide. Es bleibt alle Zeit der Welt, bis das Kind alleine zur Brust robbt um zu trinken. Die erste neue Verbindung zwischen Mutter und Kind. Diese neuartige Verbindung ist eine Innige, die die Brust zum Fließen anregt. Die Versorgung der Nabelschnur und des Mutterkuchens wird nun ersetzt durch die Muttermilch. Wärme, Geborgenheit, Zärtlichkeit und Verbunden. Neu und Anders und wieder intensiv. Bestenfalls können Mutter, Kind und Vater ankommen in diesem neuen Familienverbund und auch der Vater kann nun eine erste tiefere, körperliche Verbindung aufnehmen. Das Kind in den Armen halten. In diesen Momenten steht die Welt still und der Himmel auf Erden wird erlebt.
Je nach Geburtsort und Art, war es leider häufig anders. Bei Kaiserschnitt war die Mutter vielleicht in Vollnarkose und der Vater durfte nicht anwesend sein. Du wurdest von fremden kalten Händen angefasst, direkt abgenabelt, erster Schrei und nach Luft schnappen, weggebracht, untersucht, eventuell medizinisch versorgt, gewaschen uvm. Du kamst nicht zurück zu Mutter, vielleicht mit Glück, zum Vater. Ansonsten in ein Bettchen, ohne Mutter- und Vaterkontakt.
Erste schmerzliche Trennung. Ohne Kaiserschnitt, doch mit Geburtsverletzung, wurde Deine Mutter vielleicht genäht und Du wurdest auch direkt abgenabelt, erster Schrei und nach Luft schnappend, weggebracht zur Untersuchung und zum Waschen. Ebenso schmerzliche Trennung. Früher gängige Praxis, schnelles Abnabeln und dann ins Säuglingzimmer und erst mal kein Kontakt zum einzig vertrauten Menschen.
Die schmerzlichste Variante, schnelle Trennung und medizinische Versorgung über viele Stunden oder Tage in einem Brutkasten ohne Mutter und Vaterkontakt. Nur Maschinengeräusche und fremde wechselnde Hände, Versorgung meist aus der Flasche oder über Schläuche. Keine rhythmische Bewegungen der Mutter mehr, keine Geborgenheit, keine Sicherheit, keine Orientierung in dieser neuen fremden Welt. Noch schwieriger wird es, wenn es Geburtskomplikation bei Mutter oder Kind mit anschließendem Krankenhausaufenthalt gab und dann noch Operationen durchgeführt werden mussten.
Das Baby gerät in so einem Fall häufig in einen Schockzustand. Es weint und schreit nach seiner Mutter. Oder verfällt sofort, oder später in Schockstarre. Eine sehr schmerzliche Trennung. Und häufig eine traumatische Zeit. Fernab von der Mutter. Wie es von da an weiter geht und wie schnell das Kind und die Mutter wieder zusammenfinden und ob die Bindung dann aufgebaut werden kann ist fraglich und wenn meist schwierig gewesen, oder fand nie statt.
Diese Zeit ist eine Vulnerable. Wenn es Mutter und/oder Baby psychisch oder physisch nicht gut geht, kann das zu Bindungsschwierigkeiten führen. Wichtig ist hier das ungestörte Bonding, soweit es möglich ist. Wenn es eine traumatische Geburt war hat das viele Auswirkungen. Zum einen auf die Bindung, zum anderen z.B. auf das Nervensystem beider. Hier rate ich direkt zu einer Traumaverarbeitung, damit es nicht zu Traumafolgestörungen kommt. Beim Kind kann sich das im langen anhaltendem schreien äussern, das nicht oder sehr schwer zu beruhigen ist. Stunden, Tage, Wochen lang. Es findet keine Ruhe, kommt nicht in den Schlaf oder schreckt hoch. Die Mutter kann Wochenbettdepressionen oder Psychosen haben, und kann aufgrund dessen nicht gut in Verbindung zum Kind kommen. Es kann zu Stillschwierigkeiten kommen, bis hin zur fieberhaften Brustenzündung uvm.
Ein Baby das lange in einem Brutkasten lag, kann ebenso die Bindung möglicherweise nicht aufbauen oder halten, aufgrund der traumatischen Trennung. Es kann in einen dissoziativen Zustand geraten sein. Es kann innerlich geflohen sein, sich aufgegeben haben. Diese Säuglinge fallen dann häufig dadurch auf, dass sie schlimmsten Falls keinen Laut mehr von sich geben oder als sehr braves Baby wahrgenommen werden, die möglicherweise auch sehr viel schlafen. Und was auffällt ist, dass die keinen Kontakt suchen.
Wenn Deine Geburt nicht optimal verlief, kannst Du das jederzeit im Leben wandeln. Denn wie die vorangegangenen Lebenserfahrungen prägten ist es auch in dieser Phase so und auch hier wird es als Blaupause bestehen bleiben, unbewusst und reinszinieren sich, in verschiedensten Facetten in Beziehung, in Übergangszeiten privat und beruflich. Und auch in Deinen Geburten, so wie die Geburt Deiner Mutter die Blaupause für Deine Geburt war.
Ich hoffe ich konnte Dir einen kleinen Einblick geben, und vielleicht eine Idee, wie Du möglicherweise Deine Geburt erfahren haben kannst. Auch hier gilt wie immer, es kommt auf den Gesamtkontext an. Jede Biografie ist einzigartig. Und die Auseinandersetzung würde zeigen, ob es hier noch Wunden gibt und wievieviel und wie tief sie noch sind.
Weshalb ich mich so sehr mit diesen frühen Phasen auseinandergesetzt habe, liegt an meiner eigenen Geschichte. Daraus entstand mein Warum und auch mein Interesse für die Pränatalpsychologie und auch weshalb ich es so wichtig finden, dass einerseits Geburten aufgearbeitet werden sollten, und andererseits weshalb ich Schwangere unterstütze um eine positive Geburt zu erfahren, für Mutter und Kind. Als Traumaprävention.
Denn aus diesen ersten Zeiten entstehen unsere Glaubenssätze, unsere Grunderfahrungen in jedem Bereich und auch unsere Gefühlsantworten sowie unsere Überlebens- und Bewältigungsstrategien. Und wir erleben entweder das Überleben oder das „satte“ Leben. Mangel oder Fülle.
Wenn Du in Deinem heutigen Leben Begrenzungen bemerkst, oder Dir adäquate Strategien im Leben fehlen, oder Du belastendes erlebt hast in den Anfängen, und Du den Verdacht hast, dass es mit den frühen Jahren zusammenhängt, melde Dich gerne und wir schauen gemeinsam, ob und was wir wandeln können. Ich begleite diese Prozesse in der Regel mit psychologischen Klopfakupressurtechniken und weiteren Methoden, so dass Du in jedem Moment die Möglichkeit hast aktiv den Prozess zu steuern und selbstwirksam durch einen Geburtsprozess zu gehen.
Für Dich, für Deine Nachkommen, für die Welt. Für Selbstverbundnheit und Verbundheit mit der Welt.
Nimm Dein Leben in Deine Hände.