Demenz – Die ersten Anzeichen und der Weg zur Diagnose

Heute begann ich, Bücher auszusortieren, und fand dabei ein Buch von Anselm Grün, das ich beim Ausräumen der Wohnung unserer Mutter mitgenommen hatte – ohne groß darüber nachzudenken. Als ich es nun wieder zur Hand nahm, entdeckte ich auf der ersten Seite handschriftliche Notizen. Diese kleinen Erinnerungsstützen, die meine Mutter an vielen Stellen hinterlassen hatte, waren lange unbemerkt geblieben. Wie so viele Menschen mit Demenz versuchte sie, ihre Anzeichen zu verbergen und mithilfe von Notizen Brücken zu ihrem Gedächtnis zu bauen. Diese Strategie funktionierte erstaunlich lange im Alltag, so dass wir als Angehörige die beginnende Demenz erst spät erkannten, da sie seit mehreren Jahrzenten alleine wohnte.in sic

Erst als sie mich wegen eines Termins um 10:50 Uhr anrief und nicht mehr verstand, was diese Uhrzeit bedeutete, wurde uns klar, dass etwas nicht stimmte. In den folgenden Wochen zeigte sich das Fortschreiten der Demenz immer deutlicher. Die Zeit war geprägt von Unsicherheiten, Ängsten und der Suche nach Orientierung.

Ein wichtiger Baustein war die Abklärung der Symptome und die Diagnose bzw. damit einhergehende Diagnosen.

 

Literatur und Wissen als Unterstützung bei Demenz

Um mit der neuen Situation umzugehen, suchte ich nach Literatur zum Thema Demenz. Besonders hilfreich war das Buch einer Frau, die selbst an Demenz litt und ihre Erfahrungen niederschrieb, bevor ihre Tochter den Text fortführte. Weitere Ratgeber lieferten Antworten auf die wichtigsten Fragen zu Demenz und zeigten verschiedene Sichtweisen, auch aus der Anthroposophie, auf. Diese Bücher halfen mir, einen Einblick in die Ängste, Wahrnehmungen und Strategien von Menschen mit Demenz zu gewinnen.

 

Demenz im Familienalltag: Pflegegrade und Entscheidungswege bei der Heimplatzwahl

Ein bedeutender Schritt im Verlauf der Betreuung war die Beantragung und Einstufung in einen Pflegegrad. Die Pflegegrade dienen dazu, den tatsächlichen Unterstützungsbedarf von Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz wie bei Demenz strukturiert zu erfassen und entsprechende Leistungen zu ermöglichen. Der Weg zur Pflegegradeinstufung war jedoch mit Unsicherheiten und bürokratischen Anforderungen verbunden: Es galt, die nötigen Unterlagen und Gutachten zusammenzutragen und sich auf den Besuch des Medizinischen Dienstes vorzubereiten, der schließlich die individuelle Situation unserer Mutter einschätzte. Die Zuteilung des passenden Pflegegrads war von großer Bedeutung, weil sie den Zugang zu finanziellen Hilfen, Betreuungs- und Entlastungsangeboten sowie ggf. zu einem Platz im Pflegeheim eröffnete. Dennoch erlebten wir, dass die Einstufung oft als Momentaufnahme verstanden wird und sich der tatsächliche Unterstützungsbedarf im Alltag rasch verändern kann, was erneute Anträge oder Höherstufungen notwendig machte.

Für diesen Punkt entschlossen wir als Familie eine Dienstleisterin ins Boot zu holen die uns hier sehr gut unterstütze in der Vorbereitung.

Die Entscheidung für ein Pflegeheim und der eigentliche Umzug zählen zu den wohl einschneidendsten Momenten auf dem Demenz-Weg – für Betroffene ebenso wie für Angehörige. Nach reiflicher Überlegung, vielen Gesprächen in der Familie und angesichts der fortschreitenden Einschränkungen unserer Mutter wurde uns bewusst, dass eine Versorgung zu Hause nicht mehr gewährleistet werden konnte. So begann für uns ein intensiver Prozess der Informationssuche: Welche Heime bieten spezialisierte Betreuung für Menschen mit Demenz? Wie steht es um den Personalschlüssel, die Atmosphäre, den Umgangston und die Möglichkeiten zur Teilhabe am Alltag?

Wir besichtigten verschiedene Einrichtungen und führten Gespräche mit Heimleitungen und Pflegepersonal. Uns wurde schnell klar, wie unterschiedlich das Angebot in den einzelnen Häusern war – von standardisierten Routinen bis zu individuell gestalteten Beschäftigungsangeboten. Vieles blieb zunächst eine Momentaufnahme. Besonders sensibel mussten wir auf die Bedürfnisse unserer Mutter eingehen: Was war ihr wichtig? Welche Ängste und Wünsche hatte sie? Welche Kompromisse mussten wir eingehen, um ihre Sicherheit zu gewährleisten und ihr doch so viel Selbstbestimmung wie möglich zu lassen?

Die eigentliche Übersiedlung war geprägt von vielen Emotionen – Trauer über den Verlust des vertrauten Zuhauses, aber auch Erleichterung, dass nun eine professionelle Betreuung gesichert war. Wir bemühten uns, ihr den Übergang so sanft wie möglich zu gestalten: Fotos, Lieblingsbücher, vertraute Möbelstücke und kleine Erinnerungsstücke begleiteten sie in das neue Zimmer. Dennoch blieb die Eingewöhnung eine Herausforderung, sowohl für sie als auch für uns.

Mit der Zeit zeigten sich die Stärken und Schwächen der gewählten Einrichtung, und wir waren immer wieder gefordert, nachzujustieren, Gespräche zu suchen und – falls nötig – auch über einen weiteren Umzug nachzudenken, sollte sich die Situation nicht bewähren. Dieser Prozess war kräftezehrend, aber auch lehrreich: Er machte deutlich, wie individuell der Unterstützungsbedarf bei Demenz ist und wie wichtig es ist, als Angehörige aufmerksam, engagiert und offen für Veränderungen zu bleiben.

 

Pflege und Herausforderungen in Pflegeheimen

Unsere Mutter lebte wie schon erwähnt viele Jahre allein, bevor sie in drei verschiedenen Pflegeheimen untergebracht wurde. Dabei machten wir zahlreiche einschneidende Erfahrungen: Von überforderten Pflegekräften bis hin zu den Auswirkungen der Corona-Maßnahmen, die Isolation und Vereinsamung zur Folge hatten. Die Pflegenden waren oft hinter Masken versteckt, was für Menschen mit Demenz besonders belastend war. Während eines kurzen Videotelefonats sagte meine Mutter, sie habe Angst, uns nie wiederzusehen und die Situation erinnere sie an Kriegszeiten.

Gerade in solchen belastenden Zeiten wurde deutlich, wie wichtig es ist, eigene Wege zur Stressbewältigung zu finden.

 

Körper- und Prozessorientierte Klopftechnik als Unterstützung bei Belastung durch Demenz

In dieser belastenden Zeit half mir die Körper- und Prozessorientierte Klopftechnik, um nicht in Hilflosigkeit zu verfallen. Ich wandt diese Selbsthilfetechnik sehr häufig in diesen zwei Jahren an. Für aufkommende Gedanken, Selbstvorwürfe, bei Ratlosigkeit, verschiedensten Gefühle in unterschiedlichsten Situationen, und vor schwierigen Entscheidungen die anstanden. Ich bat auch das Pflegepersonal, diese Methode anzuwenden, um meiner Mutter Ruhe und Sicherheit zu geben.

Als sie schließlich in das dritte Pflegeheim umziehen konnte und die ersten Tage dort war, verbesserte sich ihr Zustand durch die zugewandte Pflege deutlich. In den letzten Lebenswochen war die Umgebung menschlicher und unterstützender.

 

Systemische Herausforderungen und der Wunsch nach Veränderung

Unsere Erfahrungen zeigen deutlich die verschiedenen Probleme im Pflegebereich: Zu wenig Personal, fehlende Alltagsgestaltung, mangelnde therapeutische Angebote und die Trennung von Schul- und Komplementärmedizin.

Viele Pflegeheime wirken leider eher wie Aufbewahrungsorte als wie lebenswerte Stätten für Menschen mit Demenz.

Das letzte Heim bildete eine positive Ausnahme, doch auch dort blieb wenig Zeit.

 

Selbstfürsorge und Empfehlungen für Angehörige

Die Körper- und Prozessorientierte Klopftechnik war für mich während der gesamten Krankheitsphase eine wichtige Ressource. Sie half mir, mit dem emotionalen Stress umzugehen, Entscheidungen zu treffen und Belastungen zu verarbeiten. Deshalb empfehle ich Angehörigen von Demenzkranken, sich mit Methoden zur Selbstfürsorge auseinanderzusetzen. Es gibt zahlreiche ergänzende Ansätze – von Phytotherapie über Homöopathie bis hin zu tiergestützter Therapie und Gartentherapie –, die das Wohlbefinden von Betroffenen und Pflegenden verbessern können.

 

Unterstützung, Austausch und Vision für die Zukunft

Wenn du selbst vor der Herausforderung stehst, Angehörige mit Demenz zu begleiten, oder jemanden kennst, der Unterstützung braucht, lade ich dich ein, Kontakt aufzunehmen – sei es für eine persönliche Begleitung oder für Seminare zu Klopftechniken in Gruppen. Mein Wunsch ist es, einen Wandel im Pflegesystem anzustoßen und Familien sowie Pflegepersonal stärkende Methoden an die Hand zu geben.

 

Selbstfürsorge und praktische Tipps für Angehörige von Menschen mit Demenz

Sorge gut für dich und nutze die Möglichkeiten der Selbstfürsorge, um Belastungen leichter zu bewältigen – für dein Wohlbefinden, das deiner Familie und für eine menschlichere Zukunft im Umgang mit Demenz.

  • Schaffe dir bewusst kleine Wohlfühlinseln im Alltag, etwa durch kurze Spaziergänge, bewusste Atempausen oder kreative Aktivitäten wie Malen oder Musizieren.
  • Nutze den Austausch in Selbsthilfegruppen, um Verständnis, neue Perspektiven und konkrete Hilfestellungen zu erhalten.
  • Nimm regelmäßig professionelle Beratung in Anspruch, zum Beispiel bei Pflegestützpunkten oder spezialisierten Beratungsstellen – so kannst du individuelle Entlastungsangebote, finanzielle Hilfen und konkrete Alltagstipps gezielt nutzen.
  • Setze auf digitale Angebote wie Online-Gruppen, Podcasts oder Apps rund um Demenz und Achtsamkeit, die niedrigschwellige Unterstützung und Inspiration für den Alltag bieten.
  • Verliere nicht deinen Gesamtüberblick über dein Leben. Welche Herausforderungen dein bisheriger Alltag mit sich bringt und diese neue zusätzliche Herausforderung in der mentalen, emotionalen und alltäglich tätigen Begleitung.
  • Es kommen immer wieder neue Herausforderungen dazu. Entscheidungen die getroffen werden müssen, in den verschiedenen Bereichen der an Demenz erkrankten Person. Die mentale Herausforderung die die Wunden der gemeinsame Biografie in der Kindheit mit sich brachte. Alte Muster kommen hier zum Vorschein und rufen nach „Erlösung“.
  • Gleichzeitig verändert sich der an Demenzerkrankte Mensch und du verlierst einen Menschen wie du ihn immer kanntest. In seiner Rolle die er immer hatte. Seine Persönlichkeit und seine Charakterzüge verblassen und verändern sich.
  • Mir fiel es immer schwer, die passenden Worte oder Gesten zu finden wenn meine Mutter sagte, dass sie Watte im Kopf hat und etwas nicht stimmt und sie Angst hat. Ich fühlte mich häufig hilflos und ohnmächtig. Und ich hatte grosse Mitgefühl und gleichzeitig ging es darum Zuversicht und Sicherheit auszustrahlen.

 

Weitere Tipps für Angehörige von Menschen mit Demenz

Weitere praktische Empfehlungen für mehr Entlastung und Lebensqualität

  • Akzeptanz und Geduld: Erinnere dich daran, dass jede Demenzerkrankung individuell verläuft. Versuche, Veränderungen anzunehmen und Geduld mit dir und der betroffenen Person zu haben.
  • Gemeinsame Rituale schaffen: Feste Tagesabläufe und kleine Rituale geben Sicherheit und Orientierung. Einfaches gemeinsames Frühstücken, gemeinsam Kinderlieder von früher singen, Musik hören oder Spaziergänge können zu wertvollen Momenten werden.
  • Kommunikation anpassen: Sprich langsam, deutlich und einfach. Achte auf Körpersprache, halte Augenkontakt und vermeide komplexe Satzstrukturen. Humor kann Missverständnisse oft charmant auflösen.
  • Eigene Belastungsgrenzen in der Demenzpflege erkennen und schützen: Sei aufmerksam für deine eigenen Bedürfnisse und erkenne rechtzeitig Anzeichen von Überforderung. Nimm dir Auszeiten und delegiere, wo möglich. Und suche nach Entlastung. Dieser Punkt ist ein finde ich schwieriger. Denn er geht mit vielen moralischen und persönlichen sowie gesellschaftlichen Überzeugungen einher, die gefunden und dann überprüft werden müssen zugunsten deiner Gesundheit. Hier fallen die größten internen Entscheidungen. Und oft trifft hier Herz und Verstand auf große Interessenskonflikte. Hier empfehle ich häufig einen guten von außen kommenden Blick (Therapeuten, gute Coachin mit feinem Gespür und einem Gesamtblick) um einen Kompass zu erstellen nach dem Angehörige sich individuell ausrichten können.
  • Informationen sammeln: Nutze Ratgeber, Fachliteratur oder Onlineportale, um dich über die Erkrankung, Symptome und Umgangsformen zu informieren. Wissen schafft Sicherheit.
  • Wohnumfeld für Demenzkranke sicher und orientierungsfreundlich gestalten: Achte auf ausreichend Beleuchtung, entferne Stolperfallen und beschrifte Türen oder Räume oder steige zu einem späteren Zeitraum auf visuelle Kennzeichnung um, um Orientierung zu erleichtern.
  • Erinnerungsarbeit bei Demenz – Gemeinsame Momente bewahren: Betrachte gemeinsam Fotoalben, erzähle von früheren Erlebnissen oder höre vertraute Musik – schöne Erinnerungen stärkt Verbundenheit und heitert auf. Hilfreich ist hier schon zu Beginn der Demenz oder wenn du bemerkst dass deine Angehörigen vergesslicher werden, dass ihr gemeinsam die Fotoalben durchgeht und sie mit den Namen und Situationen verseht, so dass du später immer darauf zurückgreifen kannst.
  • Professionelle Unterstützung bei Demenz rechtzeitig suchen: Zögere nicht, ambulante Pflegedienste, Beratungsstellen oder Tagespflegeangebote in Anspruch zu nehmen, um dir Entlastung zu schaffen. Es dauert wirklich Zeit sich überall durchzufragen und Angebote zu finden die zum Demenzerkrankten passen.
  • Schaue dich zu Beginn, lange bevor die Notwendigkeit besteht nach Möglichkeiten um, den dazukommenden Anforderungen zu begegnen. Schau dir Pflegeheime an, und lass dich auf Wartelisten setzen. Es kann bis zu 18 Monaten dauern bis du einen Platz für deinen demenziellen Angehörigen bekommen kannst. Ablehnen kannst du jederzeit. Schau ob und wie und wie lange und zu welchen Bedingungen ein verbleiben in der gewohnten Umgebung möglich ist. Berücksichtige zur Verfügung stehende Ressourcen in der Familie oder angestellte Pflegkräften falls das räumlich und finanziell möglich ist.

 

Rechtliche Vorsorge bei Demenz: Wichtige Dokumente und frühzeitige Klärung

  • Rechtliche Vorsorge bei Demenz: Vollmacht und Patientenverfügung früh regeln: Schweigepflichtsentbindung von Ärzten, Vollmachten für Krankenkasse, Vollmachten für Bank etc. als erstes ausfüllen lassen.
  • Kläre Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und finanzielle Angelegenheiten am besten frühzeitig, solange noch Einwilligungsfähigkeit besteht.
  • Besprecht spätestens zu diesem Zeitpunkt, über Sterben, Tod, Lebensqualität, Palliativ Versorgung, etc, und auch darüber ob es ein Testament gibt. Das sind wichtige Punkte die behutsam besprochen werden wollen.

 

Zum Schluss

Ich hoffe, dir hier einen ersten Einstieg mit meinem Erfahrungsbericht und ein paar ersten Tipps zu ermöglichen. Die Begleitung bei Demenz ist ein Langstreckenmarathon und kein Sprint. Es gibt permanent Neues zu lernen oder zu beachten. Es ist eine Abenteuerreise – für die Demenzbetroffenen sehr emotional und ebenso für die Angehörigen. Alte Kindheitswunden kommen hier oft wieder an die Oberfläche und vieles mehr. Deshalb: Achte gut auf dich, vernetze dich und suche dir kompetente Hilfe für die verschiedenen Bereiche. Zum Zeitpunkt, als ich diesen Blogbeitrag schrieb, gab es wenig Literatur und Hilfestellung.

Im Jahr 2025, als ich den Artikel nochmals überarbeite, ist diesbezüglich bereits viel mehr möglich. Nur Angebote für die mentale Gesundheit sind immer noch wenig verbreitet. Daher mein Angebot: Melde dich gerne für diese Art von Begleitung.

 

KI hat bei der Überarbeitung bezüglich der Leseflüssigkeit und Strukturierung geholfen.